Sonntag, 25. Oktober 2015

HERR IM EIGENEN DEPOT



"Der Mensch ist nicht Herr im eigenen Haus." Mit dieser Behauptung schockierte der Wiener Nervenarzt Sigmund Freud die Gesellschaft am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts. Genau gleich ergeht es dem Langfristinvestor der sein Wertschriftendepot emotional bewirtschaftet.

Erstklassige, alteingesessene Unternehmen, deren Aktien man besitzt, verkauft man nicht aus einer Laune heraus, solche Unternehmensanteile behält der rationale Anleger sein Leben lang, unabhängig der Analysen von Finanzmedien oder der Stimmungen anderer Investoren. Solange sich am Unternehmen selbst nichts geändert hat, gibt es keinen Grund, dessen Aktien zu veräussern, denn langfristig wird sich der Preis der Aktie dem Wert angleichen, diesen Wert zu vergrössern, daran arbeiten engagierten Mitarbeiter Tag und Nacht.

ES, ICH und ÜBER-ICH – so taufte Freud die drei inneren Ebenen des Menschen. Sie liefern sich ein permanentes Tauziehen. Das ES kennt nur das Lustprinzip, es wird von Trieben und Erbanlagen gesteuert. Wenn es könnte, wie es wollte, dann hätte es hauptsächlich Sex und würde sich keiner Moral unterwerfen.

Diesem Lustprinzip folgend sucht der emotionale Investor, das super sexy Unternehmen, jene neue Aktie, welche innert kürzester Zeit um mehrere 100% steigen wird, gerne lässt er sich von der "Finanzpornographie" (Finanzmedien) dazu verleiten, denn die müssen es ja wissen, schliesslich ist es deren Job diese Aktien zu finden um sie zu empfehlen, die wissen schliesslich mehr als man selbst!?! Das dieses vermeintliche Wissen keinen langfristigen Mehrwert für den Investor enthält, verbirgt sich in deren Kommentaren.

So wie jedes Kind schon im zarten Alter von den Erziehungsbotschaften und den Sehnsüchten seines sozialen Umfelds überflutet wird, so ergeht es dem interessierten aber unerfahrenen Investor. Mal liest er von den enormen Gewinnchancen der Aktien, dann wieder vom Verlustrisiko, welches damit verbunden ist. Es gibt Tage da werden Aktien in den Renditehimmel gelobt um kurze Zeit später in die Verlusthölle verbannt zu werden. Was denn nun, kaufen oder verkaufen, am Schluss steht der Investor alleine da.

Hat er in den Jahren 2000 und 2008 bis zu 50% seines Kapitals "verloren", verpasste er die enormen Gewinne in den Jahren 2003 bis 2007 und 2012 bis 2015, warum nur hat ihn keiner gewarnt, respektive geraten wieder einzusteigen, fragt ihn sein ES, wieso mache ich immer die gleichen Fehler, fragt ihn sein ICH, schon wieder versagt, sagt ihm sein ÜBER-ICH.

Der Mensch ist ein Gesellschaftstier – der Vater will einen erfolgreichen, vernünftigen Sprössling, die Mutter hätte gerne was fürs Herz. So wird jedes Kind schon im zarten Alter von den Erziehungsbotschaften und den Sehnsüchten seines sozialen Umfelds überflutet. Wenn das Kind begreift, dass nicht nur seine Bedürfnisse etwas gelten, sondern es sich auch den Wünschen der Eltern stellen muss – wenn es, wie Freud sagte, den "Ödipus-Komplex" auflöst – dann entsteht das ÜBER-ICH. Das ÜBER-ICH ist das schlechte Gewissen, das uns plagt, wenn wir die Wünsche von Mama und Papa nicht erfüllen. Dass Mama und Papa womöglich schon gar nicht mehr leben, spielt für das ÜBER-ICH keine Rolle.

Wie das (innere) Kind, welches in uns allen wohnt, muss auch der unerfahrene Investor lernen, dass er, und nur er, die alleinige Verantwortung über sein (Leben) Depot besitzt, an hergehend mit dieser Verantwortung hat er aber auch die Macht über dieses.  

Im ES nur Wünsche und Lustprinzip, im ÜBER-ICH strenge elterliche Moral - zwischen diesen Gegensätzen muss die dritte Ebene vermitteln: Das ICH – unsere Entscheidungsfähigkeit. Das ICH muss dafür sorgen, dass wir unsere Triebe auf gesunde Art und Weise im Griff behalten – "sublimieren" sagte Freud.

So auch beim Investieren, im ES die "Gier" nach dem schnellen Geld, im ÜBER-ICH die allwissenden Finanzmedien, mir ihren Finanzprofis, Analysten und Beratern, welche es ja wissen müssen, auch da muss die dritte Ebene vermitteln: Das ICH – unsere Entscheidungsfähigkeit, welches uns zum rationalen investieren befähigt, allein aus dem Erlernten, dem Wissen, den Erfahrungen und nicht aus der Angst oder Gier heraus.

Das dies nicht immer klappt, beobachtet nicht nur der "frustrierte Investor beim Blick in sein Depot, auch der Nervenarzt Sigmund Freud erkannte an seinen geplagten Patienten, dass das ICH heillos überfordert ist. Zu unerbittlich drückt die Strenge der Moral, die Macht des sozialen Umfeld, das vermeintliche Wissen der "Erziehungsberechtigten" (Finanzmedien), zu heftig wehren sich die triebhaften Impulse. Der innere Kampf schlägt sich in Träumen nieder, erklärte Freud in seiner "Traumtheorie". Auch in seelischen Krankheiten inszeniert der Mensch seine Konflikte. Dann legt man sich einen neurotischen Waschzwang zu und kann so einerseits das Ideal permanenter Sauberkeit über-erfüllen. Andererseits macht so ein Waschzwang einen Menschen ziemlich funktionsuntüchtig – die Krankheit wird zum Protest. Angstneurosen, Depressionen und Suchterkrankungen wurzeln in diesem Konflikt zwischen dem ES, dem ICH und dem ÜBER-ICH.

Fazit: Fehler begehen wir nicht nur im Leben, nein sie passieren uns auch beim Investieren, aus diesen Fehlern zu lernen macht uns zum besseren, "reicheren" Menschen, beim Investieren sogar im wahrsten Sinn des Wortes. Manchmal hilft uns allein das Wissen, warum wir Fehler machen, diese gar nicht zu begehen.

Aktien halten oder kaufen.


 Quellen: Gesammelte Werke von Sigmund Freud. Textpassagen von Susanne Billig. 

Mittwoch, 7. Oktober 2015

EIN DRAHTSEILAKT?


Für einen Trader ist jede Anlage in Aktien ein Drahtseilakt, mal gewinnt er, mal verliert er, meistens verliert er, deswegen gibt es auch keine wirklich reichen Trader.

So ergeht es aber auch jedem Privat- oder Professionellen Anleger, welcher eine kurzfristige Anlage in Aktien eingeht, er begibt sich aufs Drahtseil, mal erreicht er sein Ziel, ein anderes Mal fällt er hinunter, respektive verkauft mit Verlust, es ist ein reines Glücksspiel, hat aber nichts mit investieren zu tun.

Für einen langfristig denkenden Anleger ist jede Anlage in Aktien, sofern er in die richtigen Unternehmen investiert ist, eine Investition in sein zukünftiges Vermögen. Wenn ein langfristig orientierter Investor, Aktien- oder Unternehmensanteile kauft, dann mit der Absicht, sich am Erfolg des Unternehmens zu beteiligen und nicht die schnelle Marie zu machen, denn wie erwähnt, die schnelle Marie hat mit Glück zu tun, investieren hingegen mit rationalen denken und handeln.



Alles gut und schön, ABER...
 
Was sind die "richtigen" Unternehmen in die man langfristig investieren soll und was heisst eigentlich "langfristig"?

Langfristig heisst, lebenslang und falls Erben vorhanden sind, darüber hinaus. Unabhängig vom Alter sollte ein rationaler Investor, Aktien, sprich Unternehmensanteile hervorragender Firmen besitzen, zum einen wegen der Wertsteigerung (Zinseszins) zum anderen, wegen den jährlichen Dividendenzahlungen.

Ein Pensionierter, eine Pensionierte, mit sagen wir mal 65 Jahren, hat heutzutage gute Chancen 95 Jahre alt zu werden. Der Pharmaindustrie sei dank, doch dazu später mehr. In 30 Jahren kann sich ein Aktienportfolio, mit sagen wir einmal 50`000 CHF, dank Zinseszins, beinahe versechsfachen, dazu brauchen wir einen jährlichen Zinssatz von 6%, aus 50`000 CHF werden dann fast 300`000 CHF.

Wenn wir uns die grossen Aktienindizes der letzten 27 Jahre anschauen, länger reichen meine eigenen Daten nicht zurück, sind 6% Jahresperformance (ohne Dividende) realistisch, diese Rendite entspricht auch der Aktienrendite der letzten 100 Jahren.

Der SMI machte von 06.10.1988 bis 06.10.2015 (27 Jahre) eine Performance von 467.91% dies entspricht einer jährlichen Rendite von zirka 6.7%, wiederum ohne Dividende. Im Schweizerfranken gerechnet sieht es beim Dow Jones, beim S&P 500, und beim Dax, ganz ähnlich aus.
 
SMI Zeitraum von 06.10.1988 bis 06.10.2015 (Quelle UBS)
  
Herr und Frau Durchschnittsanleger kauft sich folgedessen am besten ein ETF (was ist ein ETF? siehe HIER) auf verschiedene Länderindex, wie USA, Europa, Asien oder gerade den MSCI World und gut ist. Meiner Meinung nach die zweitbeste Wahl für einen Schweizerfrankenanleger.

 
Durch was zeichnen sich gute Unternehmen aus?

Was ist ein "gutes" Unternehmen (rein anlagetechnisch gesehen!). Ein gutes Unternehmen steht und fällt mit der Geschäftsführung, dem sogenannten CEO (Chief Executive Officer) und dem VR (Verwaltungsrat). Ein gute Geschäftsleitung muss absolut integre sein, strategisch, innovativ und visionär denken, soziale Kompetenzen mit wertorientierter Unternehmensführung unter Berücksichtigung des Shareholder-Value-Ansatzes, muss ihr Ziel sein. Das heisst, eine langfristige Optimierung der Wettbewerbsfähigkeit und Profitabilität des Unternehmens, zugunsten der Anteilsinhaber, sprich der Aktionäre.

Ein "gutes" Unternehmen ist in einem Geschäftsbereich des täglichen Lebens tätig und dies schon seit Jahrzehnten, am besten seit über hundert Jahren. Es hat Kriege, Rezessionen, Katastrophen und interne Schwierigkeiten er- und überlebt. Es bezahlt regelmässig Dividende und steigert kontinuierlich ihren Wert und damit diskontinuierlich ihren Aktienpreis.

Die bekanntesten Schweizerunternehmen, welche alle diese Kriterien erfüllen sind Nestle (149 Jahre), Roche (119 Jahre), und Novartis (ehemals Ciba 156 Jahre und Sandoz 129 Jahre). Gegessen und gestorben wird immer, dass wir immer älter werden, verdanken wir auch der gesunden Ernährung, sowie der Medizin, sprich der Pharmabranche, welche uns das sterben hinauszögert.

Der Börsenpreis der letzten 28 Jahre bestätigt die Marktdominanz dieser drei Unternehmen.


Performance ohne Dividende von 06.10.1988 bis 06.10.2015

SMI + 467.91% (In der Grafik blau)

Nestle + 785.21% (In der Grafik schwarz)

Novartis + 837.67% (In der Grafik grün)

Roche + 1436.96% (in der Grafik hellbraun)

Zeitraum von 06.10.1988 bis 06.10.2015 (Quelle UBS)
 
Weitere Schweizerunternehmen welche diese Kriterien erfüllen, sind unter anderen Schweizerunternehmen.
 
Lindt & Spruengli 170 Jahre

Geberit 141 Jahre

Bell 146 Jahre


Performance der letzten 15 Jahre von 06.10.2000 bis 06.10.2015 (ohne Dividende)

 SMI +15.11%  (In der Grafik blau)

Lindt & Spruengli N +648.56% (In der Grafik schwarz)

Geberit N +620.87% (In der Grafik grün)

Bell N +482.29% (in der Grafik hellbraun)

Zeitraum von 06.10.2000 bis 06.10.2015 (Quelle UBS)
 
 Soviel zur Theorie
 
Die Praxis des langfristigen Aktieninvestments scheitert also nicht am Mangel von "guten" Unternehmen, sondern an der Psyche des Investors, der Investorin. Es ist aber auch nervenaufreibend, wenn ein "gut" aufgestelltes Aktienportfolio, so mir nichts, dir nichts, um 20% bis 50% nach unten rauscht, da ist es dann geschehen mit der langfristigen Orientierung, retten was zum retten ist, sagt sich da der Anleger, die Anlegerin, ein natürliches Verhaltensmuster, welches sehr viel Erfahrung und rationales Denken bedarf, um es zu überwinden.

Doch dieses Überwinden entscheidet langfristig zwischen Opel Astra und Cadillac Escalade, zwischen Weltreise und Campingplatz, zwischen Luxusheim und Plattenbau, zwischen finanzieller Freiheit oder Pfennigdrehen, you name it.

Der grösste Feind des Langfristinvestors, der Langfristinvestorin sind die Finanzmedien und das tägliche verfolgen des Depotstandes, die Interpretation dieser Informationen verleitet zu irrationalen Handlungen, welche den unschlagbaren Vorteil des strategischen langfristigen Aktieninvestment, zunichte macht.


Merke
 
Nimmst du die negativen Informationen, welche jeden Tag verbreitet werden, in dich hinein, wirst du arm und krank. Wenn du aber das Gute zu sehen dich bemühst, wirst du reich und bleibst gesund.
(John Doe, abgeleitet von Max Tau)